8. Pompei bis Bologna (10½ Tage, 766 km) Sa 19.06. > Von Pompei nach Capua
Für den Weg von Pompei weiter nach Norden bestanden zwei Möglichkeiten: Entweder entlang der Küste durch Neapel und weiter durch zunächst flache Küstenlandschaft oder aber hinter dem Vesuv durch einige kleinere Städte (die Paesi Vesuviano) und dann weiter durchs Inland. Wir entschieden uns für die zweite Alternative. Die Städte hinter dem Vesuv waren wie alle Städte im Schatten einer Millionen-Metropole: Erkennbar um Eigenständigkeit bemüht, nicht hässlich aber ohne besondere Attraktionen. Die Bebauung war aber nicht so dicht und der Verkehr nicht so mörderisch wie auf den letzen 20 km vor Pompei. Nachdem wir die Städte hinter dem Vesuv durchfahren hatten ging es auch wieder etliche km auf einer Nebenstraße durch flaches, landwirtschaftlich genutztes Gebiet. An jedem einigermaßen schattigen Platz warteten hier herausgeputzte Prostituierte afrikanischer Herkunft auf Kunden. Ansonsten war vom Einfluss der Millionenstadt Neapel nichts mehr zu spüren. Am Abend kamen wir dann noch einmal durch einen Ballungsraum mit sicherlich weit über 100.000 Einwohnern. Er wird gebildet von den Städten Maddolani, San Nicola, Santa Maria und Capua, die hier ganz zusammengewachsen sind.
So 20.06. > Capua bis Aquino
Hinter Capua war es dann endgültig mit den großen städtischen Gebieten und den verkehrsreichen Straßen vorbei. Auf der weiteren Strecke in Richtung Cassino gab es auch wieder mehr landschaftliche Abwechslung. Zwischen den meist bewaldeten Bergen zu beiden Seiten des breiten Tales ging es jetzt etwas mehr auf und ab, aber immer gut fahrbar. Der Verkehr blieb weiterhin so lebhaft wie auf einer gut befahrenen Bundesstraße in Deutschland, trotz der parallel verlaufenden (gebührenpflichtigen) Autobahn Napoli - Roma. Ein genussvolles Radwandern war das noch nicht.
Die nächste Stadt auf der Strecke, Cassino, war ganz anders als die Städte im bisher durchfahrenen Süditalien. Saubere Häuser, blühende Alleen in der Stadt, ein Park mit gepflegtem grünem Rasen und es fehlte der bisher allgegenwärtige Abfall. Jetzt erst fiel uns auf, dass auch schon entlang der Hauptstraße vorher fast kein Müll mehr war. Ein Blick in die Karte zeigte uns, dass wir einige km vor Cassino die Grenze zwischen den Provinzen Neapel und Rom überschritten hatten. Hier scheint ein Zusammenhang zu bestehen, denn auch das Verhalten der Verkehrsteilnehmer war ab Cassino deutlich anders: Sehr viel disziplinierter, allerdings auch weniger flexibel und tolerant - eigentlich schon wie in Deutschland. Diese Veränderung blieb auch auf dem weiteren Weg nach Norden so. Die schmucke Universitätsstadt Cassino liegt im breiten Tal unter dem Monte Cassino mit dem wieder aufgebauten Kloster, das im zweiten Weltkrieg für so viele Zivilisten und für die angreifenden und die verteidigenden Soldaten zu einer tödlichen Falle geworden war. Am späten Nachmittag kamen wir noch durch Aquino. Aquino liegt etwa 1 km neben der Staatsstraße und ist eine hübsche, gemütliche Kleinstadt mit liebevoll restaurierter historischer Substanz. Alt und Jung flanierten vor den Cafes und in den Grünanlagen auf dem zentralen Platz. Alles sehr gepflegt. Und alles noch ohne ausländische Touristen. Ein echter Geheimtip!
Mo 21.06. > über Sora bis kurz vor Capistrello Wir hatten genug vom vielen Verkehr auf der Staatsstraße in Richtung Rom und hofften auf angenehmere Bedingungen auf kleineren Nebenstraßen im Landesinneren. Wir bogen deshalb ab nach Sora und folgten von dort dem etwa 40 km langen Val Roverta. Dieses Tal verläuft zwischen zwei Ketten von weit über 1.000 m hohen bewaldeten Bergen. Überall grünt und blüht es und die Menschen in den wenigen Dörfern sind herzlich und aufgeschlossen. In genügend Abstand von der neuen (für Radfahrer gesperrten) Staatsstraße steigt die alte, fast nicht mehr befahrene SS (Bild) kaum merklich auf fast 800 m an. Das war endlich das genussvolle Radwandern, das wir nun schon seit mehreren Wochen vermisst hatten.
Kurz vor Capistrello am oberen Ende des langen Tals war die alte Straße leider wegen eines Erdrutsches gesperrt. Hier gab es auch für uns kein Durchkommen mehr und guter Rat war teuer. Es gab verschiedene Möglichkeiten: Entweder 2 km hinunter in den inzwischen tief unter uns liegenden Talgrund und von dort mit der Bahn durch diverse Tunnels und Schleifen hinauf nach Capistrello oder über eine kleine mörderisch steile Straße durch ein Dorf, das auf der anderen Talseite hoch oben auf einem Bergvorsprung zu sehen war (die Einheimischen rieten uns dringend ab) oder aber über die für uns verbotenen neue Staatsstraße, die weit oben am Hang durch einen etwa 2 km langen Tunnel auf den Pass bei Capistrello führte. Wir verschoben die Entscheidung auf den nächsten Morgen, krochen zunächst einmal durch die Absperrung und fanden einige 100 m weiter direkt neben der alten Straße ein Plätzchen fürs Zelt, wo wir hoch über dem Talgrund völlig einsam und ungestört die Nacht verbrachten.
Di 22.06. > bis 10 km vor Rieti Der heutige Streckenabschnitt war einer der schönsten der gesamten bisherigen Reise. Ab Capistrello ging es zunächst viele km durch eine weite Hochebene zwischen den Gipfeln der Berge, die uns gestern so beeindruckt hatten. Die Hochebene mündete in das Tal des Salto, das uns hinunter nach Rieti führen sollte. Anfangs ging es wieder recht gemütlich auf der alten Landstraße neben der neuen Staatsstraße dahin. Dann allerdings ist das ganze Gebiet wegen der vielen tief eingeschnittenen Seitentäler zwischen den hohen Bergen stark zerklüftet. Hier windet sich die alte Landstraße mit vielen Kurven und mit viel Auf und Ab am Hang hoher Berge durch eine imposante Gebirgslandschaft mit einem ganz eigenen Charakter. Als das ständige kurvenreiche Auf und Ab ganz krass wurde, konnten wir der Versuchung nicht widerstehen und wechselten auf die ausgerechnet hier (und wie sich später herausstellte nicht ohne Grund) für Radfahrer gesperrte neue Staatsstraße, die die schwierigen Verhältnisse hier mit einer ständigen Folge von Brücken und Tunnels bewältigt. Auf der Staatsstraße kamen wir schließlich in einen etwa 600 m langen Tunnel, der so schmutzig und dunkel war, daß wir trotz unserer relativ guten Beleuchtung absolut nichts mehr erkennen konnten. Etlichen Autofahrern war es offensichtlich ähnlich wie uns ergangen. Nachdem wir uns einigermaßen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannten wir schemenhaft am Rande und z.T. auch auf der Fahrbahn umgefahrene Begrenzungsbaken, diverses Gerümpel (vermutlich Fahrzeug- und Ladungsteile) und sogar herausgerissene Randsteine. Vorsichtig tasteten wir uns in der Mitte der Fahrbahn vor in Richtung des in der Ferne erkennbaren Tunnelendes. Wir hatten Glück. Der Verkehr war sehr schwach und es kam uns nur ein einziges Fahrzeug entgegen. Trotzdem war das Ganze nicht ungefährlich!
Bei der nächsten Ausfahrt verließen wir schleunigst wieder die Staatsstraße und wechselten auf eine kleine Straße, die uns mit einer kurvenreichen Abfahrt hinunter zum Lago del Salto führte, einem gut 20 km langen Stausee zwischen steilen bewaldeten Hängen. Am Steilhang über dem Ufer des Sees schlängelte sich die kleine, verkehrsarme Straße weiter ohne nennenswerte Steigungen durch den Wald bis zum unteren Ende mit einer hohen Staumauer. An den Ufern des weit verzweigten Sees gibt es nur wenige verschlafene kleine Orte und zwei oder drei gemütliche Trattorias, in denen der Chef selber kocht. Hier kann man sich wohlfühlen!
Auch nach dem Stausee ging es noch viele km auf der kleinen verkehrsarmen Nebenstraße durch ein tief eingeschnittenes Tal in flotter Fahrt bergab. Erst ca. 10 km vor Todi stießen wir wieder auf die etwas verkehrsreichere Hauptstraße, die da unten dann aber problemlos war.
Mi 23.06. > Rieti bis Terni Am frühen Vormittag erreichten wir Rieti, das "Centro d'Italia". Die Fahrt in die Stadt war zunächst etwas unübersichtlich und chaotisch. Die Altstadt (Bild) mit ihrer zum großen Teil erhaltenen Stadtmauer erwies sich aber als sehr interessant und voll von historischen Bauwerken. Sehr interessant! Weiter in Richtung Terni auf meist verkehrsarmer Nebenstraße durch ein breites, fruchtbares Tal. Kurz vor Terni eine lange, steile Abfahrt (mehr als 200 Höhenmeter) in das große flache Becken zwischen den weit entfernten Bergen in dem sich die moderne und lebhafte Stadt Terni befindet. Im Rathhaus von Terni ein gepflegter Saal mit etlichen Internet-PC zu einem vernünftigen Preis, aber leider wieder einmal ohne die Möglichkeit, einen Bericht als Internetseite hochzuladen.
Do 24.06. > über Todi nach Marsciano Um aus dem weiten Becken, in dem Terni liegt, herauszukommen, mussten wir wieder einmal ein langes Stück kräftig bergan. Wir packten das wieder am frühen Morgen an, wo es noch angenehm kühl war. Dabei gerieten wir auf einer kleinen Nebenstraße sogar gut 100 m höher als geplant, entdeckten oben aber einen sehr hübschen kleinen Wallfahrtsort (Cesa) und eine Ausgrabungsstätte mit römischen Ruinen. Die ungeplante zusätzliche Kletterei war schnell vergessen. Weiter nach Todi gings wieder auf einer ruhigen kleinen Nebenstraße in einigem Abstand der auch hier uns entlastenden Schnellstraße. Todi liegt auf einem hohen, steilen Berg (Bild), etwa 200 m über dem breiten Tiber-Tal und hat lauter enge, steile Gassen. Todi ist ein Anziehungspunkt für viele ausländische Touristen, eine Art italienisches Rothenburg.
Nicht so viele alte Gebäde und keine so spektakuläre Lage hatte dann später Marsciano, aber auch nicht den alles vermarktenden Tourismus, nur einheimische Besucher. Hier fühlten wir uns viel wohler.
Fr 25.06. > Lago di Transimeno
Nach den vielen km durch nicht sehr spektakuläres hügeliges Gebiet mit Wädern, Feldern und kleinen Ortschaften bei großer Hitze ab ca 11:00 folgte heute eine kürzere Etappe, nur bis zum Lago Transimeno. Auf einem großen Campingplatz mit vielen schattenspendenden Bäumen und gutem Rasen als Zeltunterlage vertrödelten wir hier den Nachmittag in angenehmer Atmosphäre.
Sa 26.06. > über Arezzo nach Terranuovo Der nächste Ort mit roter Einrahmung und Sternen auf der Straßenkarte war Arezzo. Relativ viele in- und ausländische Touristen schlenderten durch eine für den Autoverkehr gesperrte Ladenstraße. In zwei Gassen links und rechts einige Straßenrestaurants. Ansonsten entdeckten wir nur sehr wenig, was einen Umweg nach Arezzo lohnend machen würde. In Erwartung der in den nächsten Tagen zu bewältigenden Pässe packten wir alles Entbehrliche in ein Paket und schickten es per Post nach Hause. Kein ganz billiger Spaß, wie sich herausstellte: 42 Euro für 6 kg. Die Entlastung war dann später aber doch ganz gut. Am Nachmittag gerieten wir dann noch ganz unerwartet in ein relativ anstrengendes Gebiet. Wir folgten einer kleinen Nebenstraße, die laut Karte entlang des Arno führen sollte. Tatsächlich ging es dort aber durch ein sehr wildes Naturschutzgebiet mit mehrmaligem Auf und Ab über jeweils ca. 70 - 80 Höhenmeter, teils auf lockerem Schotter. Die Gegend nennt sich nicht umsonst Inferno d'Arno! Wir benötigten mehrere Stunden für nur wenige km. Am Abend hatten wir dann noch eine Reifenpanne. Radwandern ist nicht immer leicht.
So 27.06. > San Piero Nach dem Stress des gestrigen Abends wechselten wir heute auf die Hauptstraße, die hier entlang des Arno in Richtung Firenze (Florenz) führt. Bis Pontassieve (Bild) ging es auch hier relativ viel Auf und Ab. Erst in dem Seitental nach Rufina, Vicchio und Borgo San Lorenzo wurde es dann wieder deutlich flacher. Jetzt störte nur noch der starke Sonntagsausflugs-Verkehr und die mittlerweilen sehr große Hitze. Das wird morgen in den Bergen aber sicher besser.
Mo 28.06. > Sasso Marconi (17 km vor Bologna) Heute sollte es über die Berge in Richtung Bologna gehen. Deshalb Aufstehen schon in der ersten Dämmerung um 4:30 und Start kurz nach 5:00. Ab Barberino ging es auf einer kleinen, ruhigen Nebenstraße heftig bergauf. Nach zweieinhalb Stunden (meist mit Schieben) hatten wir den schwierigsten Teil und den kleinen Pass (817 m) vor Montepiano geschafft. Eigentlich war alles dann viel leichter als befürchtet. Oft ging es durch schattenspendenden Laub- oder Nadelwald (s.Bild). Zwischendurch fantastische Ausblicke und weiter oben die viel bessere Luft. Zufrieden frühstückten wir ausgiebig im hübschen Montepioano (700 m). Die weiteren 10 km bis Castiglione verliefen gut fahrbar durch viel Wald hoch am Hang über einem tiefen waldreichen Tal, immer zwischen 700 und 750 m Höhe. Dann hatten wir die Höhe zwischen Florenz und Bologna geschafft. Ab jetzt ging es nur noch bergab, anfangs mit wenig Verkehr, am Ende aber bei sehr starkem Verkehr mit vielen LKW und großer Hitze durch staubige Baustellen und stets neben der lauten Autobahn. Erst Sasso Marconi mit seinem kleinen verkehrsberuhigten Zentrum brachte uns endlich die ersehnte Entlastung. Den in der Autokarte angezeigten Campingplatz gibt es in Sasso Marconi leider nicht. Wir fanden aber einen Platz fürs Zelt bei einem Agroturismo-Bauernhof. Mit Dusche im Haus und Abendessen und Frühstück auf Bänken und Stühlen im schattigen Garten.
Di 29.06. > Bologna Die letzten 17 km ins Zentrum von Bologna waren wieder geprägt vom dichten Verkehr und die Fahrt durch ausgedehnte Vorstädte. Diesmal waren das aber nicht so heruntergekommene Plattenbausiedlungen wie das sonst oft bei den großen Städten der Fall ist. Das Zentrum von Bologna ist beeindruckend durch seine großen alten Bauwerke (Basilika, Rathaus, ...) und die vielen Arkaden. Wir haben den Besuch nicht bereut. Im Rathaus (Bild) fanden wir einen gut ausgestatteten Raum mit mehreren PC für die Besucher der Stadt. Die Benutzung ist gebührenfrei, aber auf max. 1 Stunde pro Person und Monat begrenzt. Außerdem muss man mit Wartezeiten rechnen. Eine Reservierung ist möglich. (Die erste Fassung dieser Internetseite wurde dort erstellt und auch hochgeladen.)
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