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Palermo -> Messina -> Scilla -> Bagnara 6. Palermo bis Bagnara/Calabrien
(6 Tage, 354 km)

Zuerst an der Nordküste Siziliens auf der dort ver­lau­fen­den Staatsstraße SS113 nach Osten bis Punta del Faro auf dem flachen Capo Pelero, dann ein kurzes Stück südwärts nach Messina. Von Messina mit der Fähre über die "Straße von Messina" (den Stretto) nach Villa auf dem italienischen (calabri­schen) Festland. Ab hier der SS18 folgend noch etwa 35 km entlang der Küste nordwärts.


Großstadt Palermo auf Sizilien Sa, 5.6. > vom Fährhafen in Palermo bis Buonfornello

Nach der nächtlichen Überfahrt von Sardinien nach Sizilien (wir hatten es uns wieder in einem geschütz­ten Winkel des Oberdecks bequem gemacht) er­reich­ten wir um 10:00 Uhr vormittags Palermo, eine Groß­stadt vor der imponierenden Kulisse hoher, steiler Berge (Bild). Der erste Eindruck an Land war zwiespältig, sowohl in Palermo als auch später außer­halb der Stadt. In der Stadt einerseits gerade, rechtwinklig angelegte Straßen mit viel Verkehr und großen Geschäftshäusern, Museen und Kirchen und andererseits enge verwinkelte Gassen mit unge­pfleg­ten, alten Gebäuden. Im Gewirr der engen Gassen von Palermo findet man aber auch manches versteckte historische Bau(kunst)werk und gelegentlich kleine Plätze mit gemütlichen Straßenlokalen. Eigenartig, irgenwie haben wir uns gerade hier bei den einfachen und freundlichen und überall ehrlichen Menschen recht wohl gefühlt.

Verkehrsreiche Straßen und enge Gassen in Palermo Nach längerem Durchfragen fanden wir in einer der engen Gassen (Via Divisi) auch etliche Fahrrad­werk­stätten, wo wir endlich die Kette an Rudi's Rad erneuern lassen konnten. Nach so etwas hatten wir schon seit Korsika vergeblich gesucht. In der Via Divisi in Palermo gibt es einige Fahrradgeschäfte und dazwischen viele kleine Fahrrad-Werkstätten. Die Werkstätten sind unglaublich schmutzig und bestehen meist nur aus einem Raum. Aber fast alle haben eine Kettenpeitsche, die zum Abschrauben des Ritzels bei der Rohloff-Nabe (zusätzlich zu dem von uns mitgeführten speziellen Abzieher) unbedingt nötig ist. Die Kette hält bei der Rohloff­nabe norma­ler­weise deutlich länger als bei jeder Ketten­schal­tung. Wenn dann aber nach fünf- bis zehntausend km doch eine neuen Kette fällig wird, sollte immer auch das Ritzel umgedreht oder erneuert werden, weil die neue Kette sonst über die alten Zähne rutscht. In vielen Gegenden Europas sind die bei der Rohloff­nabe dazu unbedingt notwendigen Ketten­peit­schen nicht aufzutreiben! Gearbeitet wird in der Via Divisi hauptsächlich draußen in der engen Gasse - fast wie in einem ägyptischen Basar. Irgendwann wollte dann auch ein Auto durch die Gasse. Alles wurde mit viel Hallo in die Eingänge geräumt. Das totale Chaos breitete sich aus. Kurz darauf war alles wieder draußen. Nichts fehlte, auch nichts von unserem umfangreichen Gepäck, das wir wegen der Reparatur auf der Straße abgelegt hatten. Bei den Menschen hier hatte man den Eindruck, dass sie nicht unbedingt sehr gewandt im Schreiben und Lesen sind; aber alle waren fröhlich, hilfsbereit und ehrlich.

Campingplätze gibts bei Palermo nach Auskunft des Informationsbüros am Hafen nur 15 km weiter westlich. Wir wollten aber nach Osten. In dieser Richtung wurde uns ein Platz nach etwa 25 bis 30 km versprochen. Genaueres war nicht bekannt. Leider wurden aus den 25 km dann 60, und in der inzwischen hereingebrochenen Dunkelheit wären wir fast noch am Abzweig zum Campingplatz bei Buonfornello (15 km hinter Termini) vorbeigefahren.

Zunächst aber kamen wir auf der Küstenstraße bei unserer Fahrt nach Osten durch viele mehr oder weniger große Platten­haus­sied­lungen und wenig reizvolle Kleinstädte mit erkennbar großen sozialen Problemen. Später gab es gelegentlich auch Siedlungen mit einfachen Sommerhäusern in wenig gepflegten Grundstücken zwischen der Küstenstraße und dem Strand. Viel Müll zu beiden Seiten der Straße blieb unser ständiger Begleiter, obwohl überall frei zugänglich Müllcontainer herumstehen. Touristisch inter­essant ist diese Gegend jedenfalls nicht. Touristisch erschlossen war Sizilien auf unserem Weg entlang der Küste nach Osten erst wieder bei Cefalu.


Cefalu So 06.06. > von Termini nach Cefalu

Ab dem (kaum zu empfehlenden) Campingplatz bei Buonfornello wars in Richtung Messina bis auf weiteres mit den Industriegebieten und den sozial problematischen Plattenhaus-Städten vorbei. Die Staatsstraße führte meist durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet (magere Wiesen mit viel Disteln, Olivenplantagen, kleine Felder - alles eingezäunt). Der viele Abfall zu beiden Seiten der Straße blieb uns treu. Erst einige km vor Cefalu (Bild) wurde die Landschaft reizvoller, die Hänge des Küstengebirges (alles über 1.000 MüM) reichten oft bis zum Wasser und einige kleine Caps gaben dem ganzen die nötige Würze. Wenige km vor Cefalu jetzt auch wieder einige Hotels mit gepflegtem, sauberem Strand in den Buchten unten am Meer. Cefalu mit seiner beleb­ten Hauptstraße mit allerlei Geschäften (u.a. endlich auch wieder ein Internet, wo ich die letzten beiden Berichte ins Netz brachte), mit einer abends übervollen Strandpromenade und einer malerischen Altstadt mit sauberen Hotels und Lokalen unterhalb eines dominanten Felsencaps.


Mo 07.06. > Santo Stefano di Camastra

Vormittags noch in Cefalu den letzten Internet-Bericht vervollständigt. Nachmittags bei großer Hitze weiter auf der SS113 nach Osten. Der Verkehr wurde jetzt unangenehm dicht, weil die Autobahn mit ihren gewaltigen Brücken und Tunnels oben am Hang des Küstengebirges (hier mind. 1.500 m hoch - auch die Pässe!) noch nicht fertig ist. Auffallend viele Autotransporter mit Neuwagen überholten uns. Einziger sehenswerter Ort heute war das mittelalterliche Santo Stefano mit seinem systematischen Grundriss: Oben auf einem Cap ein liegt der historische Ortskern als ein exaktes großes Rechteck. Der Ortskern wird von einer Stadtmauer ein­ge­schlossen. Innerhalb der Stadtmauer kreuzen sich alle Gassen genau rechtwinklig. Außerdem werden die vier Ecken des Städtchens durch kerzengrade Diagonalstraßen verbunden. Besonders auffällig ist die großen Anzahl keramischer Werkstätten, die teilweise schon richtige große Fabriken sind. Sie produziern nicht etwa Alltagsgeschirr sondern vielerlei sehr schöne, handbemalte Schmuck­teller, Masken, große Vasen, Fliesen und andere kunstvolle Einzelstücke. Hier sollte man einen Zwischenstop einplanen!


Zerklüftete Küste am Capo Calava Di 08.06. > Patti

Ab Aquedolci und Sant Agata (beide uninteressant) ließ der starke Verkehr endlich wieder nach. (Hier ist die Autobahn oben am Hang fertig.) Angenehmer Ort mit hübscher Promenade und breitem feinem Sand­strand war dann Capo di Orlando. Später war auch Capo Calava, wo die Küstenstraße durch einige Tunnels und Galerien in den Felsen der zerklüfteten Küste führt (Bild), landschaftlich reizvoll. Am Abend fanden wir hinter Patti in einem großen Olivenhain am gewundenen Anstiege auf den gut 250 m hohen Pass beim Capo Tindari einen guten Platz für die Nacht.


Blick von Torre Faro über die Straße von Messina hinüber nach Calabrien Mi 09.06. > Torre Faro auf dem flachen Capo Peloro

Nach der Abfahrt vom Pass hinter Patti (ein Tunnel durch den Bergrücken, der am Capo Tindari fast senk­recht ins Meer abbricht, ist erst im Bau) begann geschlossene Bebauung mit Wohnhäusern und Gewerbeflächen. Das Gebiet von BARZELLONA-POZZO DI GOTTO erwies sich als eine etwa 30 km lange Stadt. Touristisch interessant ist hier allenfalls MILAZZO, eine alte Stadt auf einem Bergrücken, der als Halbinsel weit hinaus ins Meer reicht. Erst viele km weiter, dort wo die stark befahrene SS113 und die Autobahn über das hier nur noch 600 m hohe Küstengebirge nach Messina hinübergehen, lässt der Verkehr auf dem weiteren Streckenabschnitt entlang der Küste endlich nach. Es wird wieder ländlich ruhig. Für uns als Radwanderer eine große Er­leich­te­rung. Später in Torre Faro auf dem flachen Capo Peloro wurde es noch richtig gemütlich - ein ver­schla­fe­nes Rückzugsgebiet für die Leute aus dem 20 km entfernten, hektischen Messina. Das Bild zeigt den Blick über die (Meeres-)Straße von Messina. Unter dem Felsenkap drüben liegt ein Ort namens Scilla (vgl. auch Bild weiter unten).

Ob es bei dem Ort Scilla am Ostufer der Durchfahrt einen Bezug gibt zu dem Ungeheuer namens Skylla, das in Homer's Odyssee auf einem hohen Felsen an einer Engstelle des Meeres lauert und immer wieder Seeleute aus ihrem Schiff zieht, während auf der westlichen Seite der Meerenge ein anderes Ungeheuer namens Charybdis die Wassermassen ansaugt und dabei das ganze Schiff ins Verderben zieht bevor das Ungeheuer die Wasser-Massen wieder ausspeit? Die Meerenge war den alten Griechen offenbar gut bekannt. Wir beobachteten auf der westlichen, sizilianischen Seite der Meerenge mit dem flachen Sandstrand eine sehr kräftige Strömung die dort durch die Meer-Enge rauschte. Ihre Richtung wechselte alle sechs Stunden mit den Gezeiten. Bei uns herrschte nahezu Windstille. Bei starkem Schirokko (= Wind aus SSE) und entsprechendem Seegang möchte ich aber auf keinen Fall mit einem offenen Segelboot ohne ausreichende Motorisierung hier hineingeraten, wenn gleichzeitig die Strömung mit 4 oder 5 Knoten vom Norden her gegen den Wind und die Wellen läuft! Das könnte schlimmer sein als die Fallböen, die bei Schirokko drüben bei Scilla von den Bergen der Festlandsküste mit Orkanstärke herunterfegen und ein Boote ohne Kiel dann auch bei glattem Wasser ohne weiteres umwerfen. Ich kann mir gut vorstellen, warum es bei den alten Griechen die Gruselgeschichten zu der Durchfahrt hier gab. Circes Ratschlag an Odysseus, sich rechtzeitig vor dem Kap bei Scilla am Mast festzubinden, und dann auf der Scilla-Seite (Ostseite) mit dem tiefen Wasser entlang des Steilufers zügig durch zu fahren ohne sich ablenken zu lassen, ist wohl auch heute noch richtig. Heute werden sich die Crew­mitglieder nicht mehr an den Mast binden. Aber angurten sollten sie sich bei entsprechendem Wind schon, damit keiner verlorengeht, wenn er in einer der Fall-Böen vor Scilla über Bord geht! (Übrigens: Ich habe noch nie einen Segelbericht aus neuerer Zeit zu der Ecke hier gelesen. Vielleicht gibt mir ja mal jemand einen Tip.)


Sizilien liegt hinter uns Do 10.06. > Vom Capo Pelero über Messina nach Scilla und Bagnara auf dem Festland

Der Weg von Capo Pelero nach Messina (also auf der Charybdis-Seite) verlief zunächst mehrere km auf einem breiten und flachen Küstenstreifen unter­halb der bis zu 1.000 m hohen Gebirgskette dahinter. Zwischen den vielen Ausflugslokalen und Wochen­end­häusern auf diesem Küstenstreifen und den Bergen dahinter liegt eine lange, schmale und fischreiche Lagune. Später geht es auf einer breiten, verkehrsreichen Straße bis hinein nach Messina. Messina ist eine imponierende Großstadt mit vielen breiten, oft von großen, alten Bäumen beschatteten Straßen und Plätzen. Die Stadt ist ganz anders als Palermo. Teuere Hotels, der Justizpalast, die Universität, bedeutende Bauwerke, edle Geschäfte, kulturelle Veranstaltungen... Bei unserem Besuch erstickte nur leider alles im Verkehrschaos. Wir nahmen deshalb nach zweistündigem Aufenthalt die Fähre nach Villa auf dem Festland und entflohen so der Hektik.

Scilla an der calabrischen Seite der Straße von Messina Drüben in Calabrien war dann alles irgendwie ganz anders. Zunächst das in der Mittagshitze dösende Städtchen Villa mit seinem großen Fährhafen. Dann die Fahrt auf der Straße am steil ins Meer ab­fallen­den Hang des hohen Küstengebirges bis nach Scilla (Bild). Scilla liegt in einer von steilen Felsen und hohen Bergen eingerahmten Bucht und ist hin­rei­chend touristisch erschlossen.
Auf der Küstenstraße hinter Scilla erreichten wir nach weiteren km mit viel Auf und Ab, oft am Steilhang hoch über dem Meer, die weite Bucht von Bagnara. Die (ziemlich große) Kleinstadt Bagnara zieht sich überall an den steilen Hängen hoch, die die Bucht einrahmen. Am langgezogenen, sauberen Kiesstrand gibt es eine gut ausgebaut Standpromenade, auf der fast nur Ein­heimische flanierten. Wir waren vermutlich die einzigen aus­ländischen Touristen in der Stadt! Am Ende des lan­gen Kiesstrandes, schon etwas außerhalb des Ortes gönnten wir uns eine ausgedehnte Pause zum Baden im sauberen, ruhigen Wasser. Wir waren nicht alleine, aber es war angenehm wenig los hier unten.
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