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Vom Teheran-Airport nach Esfahan (6 Tage, 464 km)

Vor dem Flughafen Teheran Ankunft am Imam-Khomeini-Airport Teheran um 2:00 morgens. Visum­kon­trolle, Gepäck­aus­gabe, Fahr­rad zusammen­bauen, Geld­wechsel ...
Zwei Stunden später stand ich draußen vor dem Flug­hafen.

Man sollte am Flug­hafen genügend Geld in irani­sches Bar­geld umwech­seln. Euro und US-Dollar in bar werden dabei gern ge­nommen, am Flug­hafen nor­maler­weise auch inter­national übliche Kredit­karten (z.B. VISA). Später kann man nur noch Euro- oder US-Dollar-Bargeld ein­tau­schen, und das nur von Samstag bis Donners­tags, nur vor­mittags, nur in den Provinz­haupt­städten und nur bei den Filialen der staat­lichen Melli-Iran-Bank. Manch­mal auch in einem besse­ren Hotel. An den an sich sehr zahl­reichen Banken und Geld­auto­maten kann man mit Karten nicht-ira­ni­scher Banken nichts anfangen.
(Alle Angaben auf Grund eigener Beobach­tungen, aber ohne Gewähr!)

Es gibt hier keine Alternative zur stark befahrenen LKW-Trasse durch die Wüste
Zunächst das übliche Gewirr von Auto­bahnen zum und vom moder­nen Groß­flug­hafen. Dann die Land­stra­ße Rich­tung Qom. Fast parallel zur Land­straße ver­läuft eine moderne Auto­bahn. Die AB ist aber bis Quom nur für PKW und Busse frei­ge­ge­ben. LKW - die machen auf den Über­land­strecken 80% des Ver­kehrs aus - müssen die Land­straße nehmen. Die Land­stra­ßen sind fast überall rela­tiv gut aus­gebaut und haben meist einen für Radler ge­eig­ne­ten Rand­streifen. Das Ver­kehrs­auf­kommen ist aber ge­wal­tig. Mindes­tens so starker LKW-Verkehr wie auf den wich­tig­sten deutschen Auto­bahnen. Eine Ausweich­mög­lich­keit auf Neben­stra­ßen gibt es zwischen Teheran und Esfahan leider nicht.

Brauchbarer Platz - solange es trocken bleibt Nach zwei Tagen durch echte Wüste finden sich schließlich ver­streute niedrige Dornen­büsche. Einiger­maßen sicht­ge­schützte Stellen für die Nacht sind aber hier wie dort schwer zu finden. Katas­tro­phal wäre es auf dem fein­pul­ver­igen Lehm­boden, wenn es zu regnen beginnt. (Das habe ich zwei Wochen später erlebt. Nach 15 m hat man 10 kg Lehm an jedem Fuß und das Fahrrad lässt sich nicht mehr bewegen.)

Ganz selten gibt's entlang der Straße durch die Wüste eine kleine Werkstatt, evtl. eine Tank­stelle und manch­mal auch ein 'Restaurant' - was meist einem Mittelding zwischen großem Speisesaal und Autobahn-Raststätte ähnelt. Hier traf ich übrigens ein Schweizer Pär­chen, auch auf Rad­reise. Sie waren schon seit letztem Spät­sommer unterwegs und hatten wegen zu viel Schnee in Kurdistan einige Zeit in Jor­da­nien ver­bracht. Bis zum Sommer wollten sie in der Mongolei sein. Sie klagten, dass sie im Iran noch nie irgendwo eingeladen worden waren. Tja, was soll man da sagen. Die Iraner sind ehrliche Leute und auch stolz darauf. Sie zocken niemanden ab. Sie reagieren aber auch sehr empfindlich, wenn sie den Eindruck haben, dass sie jemand ausnützen will.

Im Hintergrund die Fatima al-Masumeh Moschee mit dem goldenen Schrein Qom, die erste richtige Ansiedlung seit dem Flug­hafen, ist dann eine be­ein­drucken­de Stadt (928 müm, ca. 1.100.000 Einwohner) und voll quirligen Lebens, nicht nur im großen Basarviertel rund um die große alte Moschee.

Entwicklung der Einwohnerzahlen lt. Wikipedia:
1938: 55.000
1956: 95.499
1976: 246.873
2006: ca.1.000.000

Neues Moscheen- und Institusviertel am Rand von Qom Nach mehreren Stunden in der quirligen Stadt Qom - in der weitläufigen Altstadt kann man sich echt verirren - fand ich bei herein­bre­chen­der Dunkel­heit den Weg aus der Stadt. Am Stadt­rand fin­det man ein riesi­ges Gelände mit einer weitläufigen, bunt beleuch­te­ten neuen Moschee und aus­ge­dehn­ten Insti­tuts­ge­bäu­den. Alles sehr be­ein­druckend.

Solche alten Bauern­anwesen ver­fallen heute überall Bei einem (letztlich erfolg­losen) Versuch auf Neben­straßen auszuweichen, kam ich später in eine etwas ab­ge­le­ge­ne, aber sehr idyllische Klein­stadt, wo ich mit großer Gast­freund­lich­keit von allen Seiten empfan­gen wurde. Viele der Bewohner der schmucken Häuser hier arbeiten vermutlich in der etwa 30 km entfernten Großstadt Quom.

Auf dem weiteren Weg durch die noch winterliche Steppe kam ich später an einem ver­lasse­nen Gehöft vorbei. In solchen Lehmhütten lebt hier heute niemand mehr. Die jungen Leute zieht es offen­sicht­lich meistens in die rapid wachsenden Städte. Die wenigen verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe sind i.d.R. relativ groß und verfügen inzwischen über moderne Maschinen und entsprechende Maschinenhallen.

Hinter diesen Mauern verbirgt sich noch ein altes Dorf! Auf eine anderen Neben­straße traf ich am nächsten Tag auf ein großes Geviert, das von einer etwa 5 Meter hohen Lehm­mauer umgeben war. Zunächst dachte ich, es sei ein großes Gehöft mit zuge­höri­ger Land­wirt­schaft, eine Art Überbleibsel aus vergangenen Tagen. Durch das Tor sah ich dann aber, daß sich hinter den Mauern ein ganzes Dorf verbarg. Quasi ein kleines Aigues Mortes im ur­sprüng­li­chen Zustand. Fast schon eine Art Freilandmuseum. Später habe ich soetwas nie wieder gesehen.

Fernsehantenne und Klimaanlage - für wie lange noch? Im Dorf hinter der "Stadtmauer" aus Lehmziegeln entdeckte ich einige neuere und noch viele alte Gebäude. Auf dem Lehmdach rechts im Bild sieht man aber auch schon eine moderne Klima­anlage und im Hinter­grund eine Fernseh­antenne! Junge Leute habe ich in diesem Dorf übrigens nicht gesehen.

Die letzten km waren nicht leicht Nach vielen weiteren km, immer kräftezehrend bei Gegenwind leicht bergauf, hatte ich in der scheinbar ebenen Steppe eine Höhe von ca. 2.400 müm erreicht. Danach gings dann endlich wieder leicht bergab.

Nicht mehr weit zur Millionenstadt Esfahan Nach weiteren 130 km vierspuriger LKW-Trasse durch dünn besie­delte Steppe hatte ich den Rand der Millionen-Stadt Esfahan erreicht (1.574 müm, in der Stadt selbst heute mehr als 1,7 Mio Einwohner [lt. französ. Wikipedia-Seite 1957:254.708, 1987:986.753], im Ballungsraum wohnen ca. 3,5 Mio Einwohner).

Ganz offiziell und auch auf allen zwei­spra­chi­gen Weg­weisern an der Haupt­straße wird Esfahan am Anfang mit E geschrie­ben und nicht wie bei Wiki­pedia und auf dem Bild rechts mit I. (Ich habe mich vor Ort aus­drück­lich erkun­digt.) Das E wird aller­dings ganz hell, fast wie I, ge­spro­chen. Das hier abge­bil­dete Schild ist also ein Ent­ge­gen­kommen gegen­über den aus­län­di­schen Besuchern. Solch ein respekt­volles Ent­gegen­kommen erlebt man als aus­län­di­scher Besucher auch sonst immer wieder. Man sollte sich dessen als würdig erweisen.

der berühmte Meidan-e Emam-Platz In Esfahan gibt's dann nicht nur viele bedeutende historische Viertel sondern auch breite Straßen mit wahn­sinnig viel Verkehr, unend­lich viele Geschäfte aller Art - auch moderne Ein­kaufs­passagen - und un­glaub­lich viele Menschen. Berühmt ist Esfahan aber vor allem wegen der riesigen Moschee mit dem großen offenen Innen­hof. Vor diesem Gebäu­de­kom­plex befin­det sich im Zentrum der Stadt der ausge­dehnte Meidan-e Emam-Platz, an dessen Seiten weitere große Moscheen stehen. Hier ergab sich nach anfänglich vorsichtiger Zurückhaltung meinerseits ein interessantes Gespräch mit einem jungen Polizisten. Er sprach sehr gut englisch und durfte deshalb seine Wehrpflicht bei der Touristen­polizei in der Altstadt von Esfahan ableisten. Seine Aufgabe war es, verirrten Touristen im Basar oder den verwinkelten Altstadtgassen zu helfen. Er war offensichtlich sehr froh, seine Wehrpflicht auf diese Weise sinnvoll und quasi politisch neutral ableisten zu dürfen.

Der Innenhof der Hauptmoschee ist be­ein­druckend. An bestimmten Feiertagen beten hier tausende Gläubige. Bei meinem Besuch war ich fast alleine und konnte mich frei bewegen. Ich entdeckte dabei in den Arkaden zwischen den verschiedenen Ge­bets­hallen große Stapel mit tausenden aufgeroll­ter Gebetsteppiche.

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