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Budapest-Bistrita

Budapest - Debrecen - Bistrita (Rumänien)

(25. April bis 01. Mai 2003, 598 km)

Wie doch alles relativ ist: In Ungarn haben mich noch der schlechte Straßenzustand, die schmuddeligen Siedlungen und die gelegentlichen Müllsäcke in den Straßengräben gestört. Jetzt in Rumänien wäre ich oft froh, wenn's hier so wäre wie in Ungarn.



ungarische Landschaft Ungarische Landschaft

Gleich östlich von Budapest noch einige flache Hügel mit niedrigem Laubwald geht es mehrere 100 km durch scheinbar endloses, flaches Ackerland. Gelegentlich gibt's auch kleine Baumgruppen in den riesigen Feldern. So hatte ich mir die Puszta eigentlich nicht vorgestellt. Die relativ großen Dörfer bestehen aus vielen kleinen Häuschen links und rechts der Straße. In den Gärten sieht man Gras, Obstbäume, Gemüse, ...kaum Blumen.


Thermalbad in Jaszapati Thermalbad in Jaszapati

Mitten in dieser eher langweiligen Landschaft erlebte ich eine angenehme Überraschung: Abends kam ich durch ein eigentlich wenig einladendes großes Straßendorf. Im Zentrum ein Wegweiser zu einem Campingplatz mit Thermalbad. Was soll's, eine Stelle für die Nacht brauche ich ohnehin und eine warme Dusche und vielleicht eine Imbissbude gibt's da wohl auch. Der Platz stellte sich als einfach, aber blitzsauber und gepflegt heraus. Der Eintritt ins benachbarte gepflegte Thermalbad (36 Grad) mit 4 großen Becken (versch.Temperatur) im Freien und zwei weiteren in einer beheizten Traglufthalle ist für die Camper frei. Imbissbude am Platz, Konditorei mit Eisdiele und ein ordentliches, preiswertes Restaurant im Ort - alles vorhanden. Und dabei alles noch zu durchaus zivilen Preisen. Ab Mai soll es hier allerdings recht voll werden.


Im Auwald der Tisza (=Theiß) Breitwasser statt Hochwasser

Später an der Tisza (=Theiß) beiderseits ein viele Kilometer breiter Auwaldstreifen mit kleineren und größeren flachen Gewässern, ideal für Angler und Wasserwanderer mit flachgehenden Booten.


Puszta Noch echte Puszta

Zwischen Theiß und Debrecen gibts sogar noch ein großes Stück Puszta - heute als Nationalpark zum Schutz vor weiterer landwirtschaftlicher Erschließung. Das Zentrum der mittelgroßen Stadt Debrecen besitzt eine gepflegte, breite Promenade, einen Fußgängerbereich und etliche Straßencafes. In den Außenbezirken moderne große Einkaufscentren und ordentliche Wohnblocks. Mediamarkt, Meister, Plus, Praktiker..., alle schon da. Hier könnte ich es länger aushalten! Hinter Debrecen wird's dann leicht hügelig mit mehr Wald (meist Laubwald, gelegentlich Kiefern).


Landschaft in Rumänien Erster Eindruck in Rumänien

Die ersten 300 km in Rumänien (bis Bistrita) zunächst gemäßigte, später ausgeprägte Mittelgebirgslandschaft mit Feldern und Wiesen in breiten Tälern. Wald nur sehr weit oben an den Hängen. Nicht hässlich die Gegend, das Problem sind eher die Straßen und die Verhältnisse in Rumänien.


Bauernhof? Der Schmutz in den Dörfern

Der Schmutz in den Dörfern auf den ersten 150 km hinter der ungarisch-rumänischen Grenze ist teilweise unbeschreiblich. (Erst ab Dej wurde es langsam besser.) Viele der kleinen Häuschen am Rand der Straße sind verwahrlost und oft baufällig. Bei den Häuschen meistens ein ungepflasterter kleiner Hof von 100 bis 200 qm mit Hühnern, Enten und gelegentlich einem Schwein, alles nicht gerade einladend. Aus so einem Anwesen quoll an einem steileren Anstieg der Straße, wo ich nur sehr langsam vorankam, eine Gruppe sehr dunkelhäutiger Zigeunerkinder, bettelte mich agressiv an und riss mir schließlich meinen Pullover vom Gepäckträger. Sie flüchteten in des Anwesen. Ich hinterher. Nach kurzer Zeit kam die Mutter der Bande mit meinen Pullover aus dem Haus geschlurft und verlangte Geld von mir. Bei dem Wort Politia (Polizei) ließ sie mich schließlich ziehen. Auch anderenorts wurde ich außerhalb der Kleinstädte des öfteren von herumziehenden Zigeunern agressiv angemacht. Es fällt schwer, unter diesen Umständen keine Vorurteile zu entwickeln. Allerdings: Man sieht in den Dörfern hin und wieder auch ordentlich hergerichtete Häuschen mit sauber gefegtem Hof, einem Pferd, Hühnern im Gatter, einem Schäferhund und manchmal auch einer Kuh. Die sichtlich stolzen Besitzer hinter den massiven Eisentoren waren regelmäßig auffällig helle Typen mit kantigen Schädeln. Auch viele der Dorfkirchen sind geschmackvoll und sauber hergerichtet. Die Erklärung erhielt ich erst später von einigen jungen Leuten, die in der deutlich saubereren Umgebung von Bistrita mit viel Engagement ein frisch renoviertes kleines Gasthaus betreiben: Während der Caucescu-Zeit wurden die Zigeuner im ganzen Land eingesammelt und in die Höfe der laufend abwandernden Rumänien-Deutschen umgesiedelt. Diese Politik hat sich auch nach dem Ende des Kommunismus nicht geändert, denn die verantwortlichen Beamten sind die gleichen wie vorher und ohne Schmiergelder kümmern sie sich angeblich um nichts.


krasse Gegensätze Krasse Gegensätze

Große Gegensätze prägen das ganze Land. Auch in den Kreisstädten gibt es im Zentrum meist einfache, aber erkennbar aufstrebende kleine und mittelgroße Betriebe von Handel und Gewerbe, etliche frisch renovierte Häuser, gelegentlich auch Neubauten. Es gibt aber auch jene Viertel mit den heruntergekommenen Plattenbauten, wo es eigentlich nichts mehr zu renovieren gibt.


Gegensätze allerorten Gegensätze auch in der Landwirtschaft

Einerseits (vor allem in flachen Gegenden mit fruchbaren fetten Böden) findet man moderne landwirtschaftliche Großbetriebe mit riesigen Feldern und zeitgemäßem Großgeräte-Park. Andererseits gibt es aber auch die vielen, vielen Kleinstlandwirtschaften, wo handtuchschmale Felder mit der Hacke oder mit altertümlichem, von einem Pferd gezogenen Gerät bearbeitet werden. Nach einem Beitritt Rumäniens zur EU werden diese Betriebe wohl kaum überleben können.


Bitumenförderung bei Marghita Bitumenförderung bei Marghita

Insgesamt scheint das große Land Rumänien über hinreichende Ressourcen zu verfügen. Der Boden war bisher überall gut. An Wasser ist kein Mangel. Bahnlinien und Straßen (wenn auch in marodem Zustand) erschließen jeden Winkel, und bei Marghita habe ich über 100 Förderanlagen für Bitumen (die Leute sprachen auch von Erdöl) gezählt, alle in Betrieb. Trotzdem, die Erwartungen, die vom Tourismus heute an ein Urlaubsland gestellt werden, konnten auf den bisher zurückgelegten 300 km keinesfalls erfüllt werden. Und als Radwanderer mit Packtaschen vorn und hinten am Rad wird man sehr oft höchst misstrauisch beäugt. Wahrscheinlich halten einen viele der biederen Leute für eine Art Landstreicher!
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