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Belgrad-Graz

Belgrad/YU
  - Vukovar/HR
     - Maribor/SLO
         - Graz/AT

(04. bis 10. Juli 2003, 623 km)

Von Belgrad bis Maribor gibt es keine nennens­werte Stei­gung. Hinter Osijek taucht weit im Westen eine ge­schlosse­ne Hügel­kette auf, die später nur sehr langsam näher rückt. Obwohl man in Richtung Slowenien nicht mehr der Dunav(=Donau) sondern der Drava(=Drau) folgt, ändert sich das Landschaftsbild kaum. Nur die Hügel links und rechts des breiten Tals rücken langsam näher. Erst zwischen Maribor und der Grenze nach Österreich liegt ein markanter Höhenzug. In einem gewundenen Tal mit einigen Engstellen werden hier Straße, Autobahn und Eisenbahn hinüber ins österreichische Murtal geführt.

Rege Beteiligung bei Aktion zur Bekämpfung der wenig bekannten Weichteile-Krebsarten Junge Serben beteiligen sich engagiert an internationalen humanitären Projekten

Bei der Suche nach der richtigen Ausfallstraße aus der serbischen Hauptstadt Belgrad traf ich auf eine Gruppe junger Leute, die mit einer Art Volks-Radtour auf die wenig bekannten Weichteile-Krebsarten und deren Therapiemöglichkeiten aufmerksam machten. Diese sogenannten Sarkome entstehen vor allem im Weich­teil­gewebe von Kindern und Jugendlichen. Ziel der Ver­an­stal­ter war es, die Erforschung und Behandlung dieser heim­tückischen Krankheit zu unterstützen. Die große Beteili­gung an der Volks-Radtour war beeindruckend. Auch viele nicht angemeldete Personen fuhren mit. Wir radelten gemeinsam etwa 25 km über den gut ausgebauten Radweg entlang der Sava vom Stadtrand nach Westen. Ich lernte dabei viele aufgeschlossene, moderne Menschen kennen, hauptsächlich - aber nicht nur - junge Leute im Alter zwischen 20 und 30. Die Begegnungen bestärkten mich in der Überzeugung, dass die Bevölkerung im heutigen Serbien das Terrorregime jener egoistischen radikalen Nationalisten der letzten Jahre erfolgreich überwunden hat. Das Interesse an Auslandskontakten ist bei jungen Intellektuellen in Serbien heute sehr groß, ihre Englischkenntnisse sind durchwegs sehr gut. Übrigens: Ich habe in Serbien fast nur noch die lateinischen Buchstaben gefunden, Kyrillisch ist kaum mehr gebräuchlich.


auf der AB: zügig, sicher und langweilig Zügig in Richtung Heimat

Die Autobahn von Belgrad zur kroatischen Grenze ist für Kraftfahrzeuge mautpflichtig. Radfahrer werden einfach durchgewunken und zahlen nichts. Für Fuhrwerke und Traktoren ist die Autobahn gesperrt, nicht aber für Radfahrer. Die Straßendecke ist ausgezeichnet, und auf dem breiten Standstreifen fährt man sicher und kommt gut voran. Fast wäre ich an Sremsca Mitrovica, der letzten Kreisstadt in Serbien, vorbeigefahren. Sremsca Mitrovica ist eine saubere, erkennbar aufblühende Stadt von etwa 60.000 Einwohnern. Hier gibt es u.A. eine Wechselstube, in der man die übrig gebliebenen Dinar in Euro wechseln kann. Sie liegt gleich gegenüber dem Postamt und einer großen Bank. (Bei Postamt und Bank war ein Tausch übriggebliebener Dinar in Euro oder kroatische Kuna nicht möglich. An der Grenze auch nicht!) In Mitrovica findet man mitten in der Fußgängerzone auch ein Möbelgeschäft mit angeschlossener Fahrradabteilung. Hier bekommt man neben Rädern auch wichtige Ersatzteile zu sehr günstigen Preisen. Bekannte fernöstliche Markenreifen z.B. kosteten weniger als die Hälfte wie bei uns (wahrscheinlich wegen dem für uns sehr günstigen Wechselkurs).


Wiederaufbau in Vukovar 20.000 Tote in Vukovar

Rund 30 km hinter Sremska Mitrovica die Grenze von Serbien nach Kroatien. Serbische und kroatische Beamte arbeiten hier gemeinsam, quasi "Hand in Hand". Alles geht ganz unbürokratisch und flott. Einer schaut kurz in den Pass. Ein anderer will wissen, ob ich mehr als 3.000 Euro dabei habe. Und schon bin ich durch. Nochmal 40 km weiter die erste Kreisstadt in Kroatien, Vukovar. Am Ortseingang ein für diese ländliche Gegend ungewöhnlich großer Friedhof mit vielen weißen Kreuzen in Reih und Glied und mehreren tausend relativ frischen Gräbern - eine Gedenkstätte für etwa 20.000 Tote aus dem Krieg Anfang der 90er des jüngst abgelaufenen Jahrhunderts. Und neben der Straße immer wieder Schilder, die vor dem Verlassen der Straße warnen, weil in dem Brachland neben der Straße noch immer viele Blindgänger liegen.

Die Stadt Vukovar war schon kurz nach Kriegsbeginn zur Frontstadt geworden. Der größte Teil der Bevölkerung konnte zum Glück noch rechtzeitig flüchten. Und die Stadt wurde auch nicht durch Bombardements "plattgemacht" wie im letzten Weltkrieg die kleinen nordnorwegischen Berwerkstädtchen durch die deutsche Luftwaffe und später die deutschen Großstädte durch die Alliierten. Durch den intensiven Granatenbeschuss des jugoslawischen Militärs blieb aber auch hier kein Haus von mehr oder weniger schweren Schäden verschont. Und am Ende der mehrmonatigen Kämpfe waren in der Region schließlich über 20.000 Tote zu beklagen. Das war das Ergebnis der "Terroristenbekämpfung" durch das jugoslawische Militär im eigenen Land. (Text nach Recherche überarbeitet im Okt.2006)


Ergebnis eines sinnlosen Bürgerkriegs Hier baut niemand mehr auf

Vukovar liegt am rechten Ufer der Donau. Auf der anderen Donauseite ist serbisches Gebiet. Die nächsten Städte sind Osijek (schon ganz drin in Kroatien) und Novi Sad (schon ganz in Serbien), beide jeweils etwa 70 km entfernt. Industrie gibt es in Vukovar kaum. Auch am Donaukai ist nicht viel los. Früher muss Vukovar ein regional durchaus bedeutendes Handels- und Verwaltungszentrum gewesen sein. Die Arkaden an der Hauptstraße im Ortszentrum und die ehemals wohl schmucken Geschäftshäuser lassen darauf schließen. Das alles hat im jugoslawischen Bürger­krieg anfang der 90er stark gelitten. Die hier ehemals ansässigen ungarischen und serbischen Bevölkerungs­gruppen kehren wahrscheinlich niemals mehr zurück. Die wirtschaftliche Bedeutung von einst wird Vukovar deshalb wohl niemals mehr erlangen. Etliche Häuser sehen so aus wie auf dem Bild rechts. Die baut wahrscheinlich niemand mehr auf. (Text nach Recherche überarbeitet im Okt.2006)


Felder im flachen Ost-Kroatien Vertrautes Landschaftsbild in den Ebenen Ost-Kroatiens

Die Landschaft außerhalb der Dörfer und Kleinstädte an der weiteren Strecke sieht aus wie in den fruchtbaren Ebenen Niederbayerns oder Niedersachsens: Mittelgroße Felder mit Weizen, Mais, Sonnenblumen und Rüben. Dazwischen auch immer wieder kleine Waldstücke. In Ungarn, der Ukraine, Russland und Bulgarien waren vergleichbare Gebiete nicht so abwechslungsreich gewesen.


typisches Dorf Für das kroatische Gebiet an der Drava(Drau) typisches Dorf

Die Dörfer - immer vom Typ Straßendorf - liegen etwa 5 bis 10 km auseinander und sind immer ordentlich und sauber. Das gilt für die Straßen, die Häuser und auch für die Grundstücke bei den Häusern. Die Gegend wirkt nicht ärmlich und nicht schmuddelig. Beschädigte Gebäude habe ich vor und nach Vukovar nicht gefunden.


kurz vor der Grenze nach Slowenien Kurz vor der Grenze nach Slowenien rücken die Hügel näher

Bisher war es hier in Kroatien immer durch das weiteläfige flache Drau-Tal gegangen. Die Hügelkette im Westen war immer weit entfernt und oft nur zu ahnen. Im Osten waren keine Erhebungen auszumachen. Die Aussicht wurde nur durch die Auwälder an der Drau begrenzt. Erst kurz vor der Grenze zu Slowenien rückte die Hügelkette im Westen langsam bis zum Fluss vor.


heile Welt in Slowenien Auch die Slowenen sorgen sich inzwischen verstärkt um ihren Nachwuchs!

Solche Schilder, mit denen die Autofahrer auf Schulen an der Straße hingewiesen werden, wären auf der bisherigen Strecke der Reise kaum zu erwarten gewesen. Hier in Slowenien aber ist die Entwicklung zum Wohlstand und die Verbesserung der Straßen schon weit fortgeschritten. Slowenien erinnert hier schon stark an die hügeligen Gebiete Österreichs südöstlich der Alpen.


Zentralplatz in Maribor Zentralplatz in Maribor - ganz wie in Österreich

Maribor, eine Stadt von schätzungsweise 90.000 Einwoh­nern, hat nichts mehr, was an eine Vergangenheit unter kommunistischer Regierung erinnern könnte. Alles erinnert sehr an die Städte Kärntens oder des Burgen­landes. Nur die Sprache ist anders, und die Preise sind noch deutlich niedriger als in Österreich, entsprechen aber bereits dem EU-Durchschnitt. In der Innenstadt Maribors bewegen sich fast genauso viel Touristen aus Deutschland wie in den Städten des südlichen Österreich, und in den Geschäften, Restaurants und Cafes dieser bedeutenden slowenischen Stadt kommt man mit Deutsch oder Englisch problemlos zurecht. (Hier am Zentralplatz von Maribor gibt es übrigens ein gut ausgestattetes, sauberes und helles Internetcafe, in welchem die Preise noch nicht überzogen sind.)


Von Maribor nach Österreich Ein uralter natürlicher Verbindungsweg vom slowenischen Drau-Tal ins österreichische Mur-Tal

Hinter Maribor trennt ein ausgeprägter Höhenzug das Drautal vom österreichischen Murtal. Von Maribor aus schlängelt sich ein kleines Nebental durch diesen Höhenzug hinüber nach Österreich. Vieles deutet darauf hin, dass hier schon seit Jahrhunderten viel Fernverkehr durchgeflossen sein muss. Heute wird dieses Tal von einer Autobahn, einer Hauptstraße und einer stark befahrenen Bahnlinien genutzt. Die Hauptstraße ist aber nur mäßig befahren und durchaus für Radfahrer geeignet. Man erspart sich dabei viel auf und ab. Wer will, kann aber auch einen Fernradweg benutzen, der durch die Hügel hinüber nach Österreich führt.


Murtal-Radweg Murtal-Radweg südlich von Graz

In Österreich erwartete mich dann der Murtal-Radweg. Es handelt sich dabei um einen mustergültigen Radweg, der gut asfaltiert ist und abseits der Autostraße durch die Wiesen und Auwälder an der Mur verläuft. Er vermeidet lästige Ortsdurchfahrten und bringt einen ohne viele Umwege zügig nach Graz. Ich hatte in den letzten Monaten auf den teilweise sehr schlechten Straßen mit oft sehr viel Verkehr ganz vergessen, dass es soetwas gibt. Jetzt genoss ich die angenehme Fahrt.


Hauptplatz in Graz Hauptplatz in Graz

Graz ist in gewisser Weise ein Pendant zu Maribor, und doch wieder ganz anders. Graz birst fast wegen den vielen Menschen, die am Abend die Innenstadt bevölkern. Viele der kleinen Nebenstraßen in der Innenstadt sind dicht belegt mit den Tischen und Stühlen der zahlreichen Cafes und Restaurants. Und alles ist voller gut gelaunter Gäste. Davon können die meisten vergleichbaren Städte in Deutschland nur träumen. Graz tut aber auch viel für seinen Erfolg: Open-Air-Konzerte mitten in der Stadt, Theater, Konzertsäle, Museen, ... Nur wenige Städte vergleichbarer Größe bieten ein so reichhaltiges kulturelles Angebot wie Graz.


Kunst-Insel Vielfältiges Kulturleben in Graz

Diese schwimmende Freilichtbühne, die mitten in Graz in den Fluss Mur gebaut wurde, hat mich besonders beein­druckt. Sie ist aber nur eine von den vielen kulturellen Attraktionen dieser besuchenswerten Stadt.
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