Mikolaiv - Novorossijsk(13. bis 23. Mai 2003, 963 km)Gut zu wissen: Die Vorwahl für Telefongespräche von der Ukraine oder von Russland nach Deutschland ist 81049 (Stand 2003). Bei Anrufen aus der Telefonzelle (preiswert und meist mit Telefonkarte) hört man oft nur den Gesprächspartner in Deutschland, wird aber selbst nicht gehört. Erst wenn man die Taste "ODBET" drückt beginnt der Gebührenzähler zu laufen und man wird gehört!Von Mikolaiv nach Osten ging es zunächst viele km durch weites, flaches Land bis Simferopol, dem Zentrum der Halbinsel Krim. Dann über einen Pass des Krimgebirges hinunter nach Jalta. Dort weiter mehr oder weniger entlang der Küste nach Kerch und schließlich mit der Fähre über die Meerenge zwischen Schwarzem und Asovschem Meer nach Russland, wo nach einer Flachetappe von ca. 130 km am Beginn des Kaukasus die boomende Hafenstadt Novorossijsk liegt.
Dnjepr bei Herson 100 km östlich von Mikolaiv ist zunächst der Dnjepr zu queren. Der Dnjepr ist hier ein breiter Strom, auf dem Hochseeschiffe bis weit hinein ins riesige ukrainische Binnenland fahren. 10 km oberhalb von Herson gibt es eine große Straßenbrücke, auf der man den Dnjepr überqueren kann. Eine Fähre über den Strom gibt es (noch) nicht.
Begegnung in der Weite der Ukraine Die weitere Strecke in Richtung Krim verlief mehrere Tage durch flaches Land. Am Anfang ging es durch eine sandige Gegend mit großen Kiefernwäldern. Hier tauchte hinter mir plötzlich ein anderer Radler auf. Nach Packtaschen und Fahrrad zu schließen, musste auch er aus dem deutschsprachigen Raum kommen. Tatsächlich war er wie ich Mitte April in Deutschland gestartet und von Bitterfeld (bei Leipzig) durch Polen in die Ukraine geradelt. Er wollte auf einer ähnlichen Route das Schwarze Meer umrunden wie ich, allerdings mit einem großen Bogen durch den Kaukasus bis nach Tiflis, der Hauptstadt Georgiens. Wir fuhren bis hinein nach Russland zusammen. Es war recht angenehm, sich nach mehreren Wochen ohne viel Gesprächsmöglichkeiten mit einem Gleichgesinnten auf Deutsch unterhalten zu können.
Mit diesem Wall wollten sich die Krimbewohner einst vor den Türken schützen Auf dem weiteren Weg nach Südosten wurden die Böden im endlosen flachen Tiefland der Ukraine wieder besser und an die Stelle der Kiefernwälder traten weite Grasflächen und Getreidefelder. Kein Baum bietet hier Schutz vor der brennenden Sonne, und tagsüber wehte uns ein heißer Ostwind mit bis zu 7 Bf entgegen. Einzige Abwechslung bot an der Landenge zur Halbinsel Krim ein großer Erdwall mit tiefem Graben davor. Mit dem Wall wollten sich die Krimbewohner vor mehreren Jahrhunderten gegen die anstürmenden Türken verteidigen. Heute verläuft hier immer noch eine Grenze, die zur autonomen Republik Krim, einer Teilrepublik der Ukraine. Und ein Polizeiposten kontrolliert die manchmal abenteuerlich bepackten Lastwagen und PKW-Anhänger, die hier durch müssen.
Hinter Simferopol wirds abwechslungsreicher Erst hinter Simferopol, dem Mittelpunkt der Krim, wird es wieder hügeliger und abwechslungsreicher, ja sogar richtig lieblich.
Am Nordrand des Krim-Gebirges Das Krimgebirge ist ein Gebirgsstock, der aus Gesteinsschichten besteht, die nach Süden auf bis zu 1500 m ansteigen und dann abrupt ins Meer abbrechen. Der Hauptkamm des Krim-Gebirges ist hin und wieder durch tief eingeschnittene Täler unterbrochen, die meistens nach Norden ins Inland entwässern.
Jalta von oben Auf einer angenehm zu fahrenden Nebenstrecke mit wenig Verkehr ging es zunächst durch ein langes, ruhiges Tal. Dann folgte ein viele km langer Aufstieg über hunderte Serpentinen zu einem Pass in 1200 m Höhe. Der Aufstieg verlief ständig im Schatten eines dichten Buchenwaldes und war deshalb trotz sommerlicher Temperaturen kein Problem. Oben am Pass noch einige Grasmatten und dann der Abbruch hinunter zum Meer. Tief unten liegt in einer weiten Bucht Jalta.
Kaum vorstellbar, dass es hier eine Straße hinunter geben soll. Es gibt sie tatsächlich. Mit vielen Serpentinen, anfangs in die schroff abfallenden Felsen geschlagen, später als berauschende Abfahrt durch einen hohen Nadelwald mit immer wieder großartigen Ausblicken.
Absolut beeindruckend: Jalta Jalta ist eine große Stadt mit Hotels, großen Villen und vielen großen Wohnhäusern in relativ gutem Zustand. Das bebaute Gebiet zieht sich weit an den Hängen um die Bucht empor. Das Ganze wird von dichtem Wald und hohen, schroffen Bergen eingerahmt. Zu Zeiten der Sowjetunion war Jalta nicht ohne Grund das mit Abstand beliebteste Seebad der Russen. Heute gehört die "Autonome Republik Krim" zur Ukraine und ist von Russland abgeschnitten. Trotzdem wird überall renoviert. Wenn die allseits erkennbare Welle der Renovierungen und Neubauten so weitergeht und in der Ukraine ein breiter, zahlungskräftiger Mittelstand nachwächst, könnte Jalta in 20 Jahren eine echte Alternative zu den berühmten Zentren an der französischen Riviera werden. Heute sind die Preise hier noch "zivil".
Breite Küstenstraße hinter Jalta Auf den nächsten 40 km führt eine breite Küstenstraße von Jalta bis Alusta, immer am Hang in etwa 100 m Höhe über den kleinen Badeorten an der Küste.
Viel Auf und Ab im weiteren Verlauf Östlich von Alusta wird es schlagartig ruhiger. Das Gebirge ist nicht mehr so hoch und die kleinen Orte an der Küste sind verschlafene Nester.Die kleine Nebenstraße, die hier weiter nach Osten führt, klettert ständig auf und ab. Für den schwer bepackten Reise-Radler eine kraftzehrende Angelegenheit.
Markt in Feodosia Am östlichen Ende des Krim-Gebirges gibt es noch zwei kleinere Städte: Zunächst Sudak, in dem man sichtlich bemüht ist, sich zu einem attraktiven Seebad zu entwickeln. Dann das etwas größere Feodosija. Hier gibt es einen kleinen Handelshafen mit einigen Bahngleisen, eine sehr schöne Strandpromenade und mitten in der Stadt einen besonders großen Markt, auf dem man fast alles kaufen kann. Von landwirtschaftlichen Produkten über durchaus modische Kleidung bis hin zu Elektrogeräten und Sanitärmaterial. Die Auswahl ist größer als in jedem großen deutschen Einkaufszentrum und die Preise und die Beratung sind einwandfrei. In anderen ukrainischen Städten habe ich solche Märkte auch gesehen, dort aber immer am Rand der Stadt.
Port Krym an der Grenze nach Russland Östlich des Krim-Gebirges geht es noch einmal 100 km weiter auf dem flachen bis welligen Landrücken bis zum kleinen hinter Kerch gelegenen Fährhafen Port Krym an der Meerenge zwischen Schwarzem und Asovschem Meer. Mit der Fähre überschreitet man dann die Grenze nach Russland.
Langsam beginnt der Kaukasus Auch in Russland fährt man nochmals 100 km durch flaches oder leicht hügeliges Land. Dann tauchen die ersten, noch mäßigen Erhebungen des Kaukasus auf.
Novorossijsk, ein bedeutender Handelshafen an der russischen Schwarzmeerküste Nach einem ersten kleineren Pass gehts auf breiter, verkehrsreicher Straße hinunter nach Novorossijsk. Das ist eine mittelgroße Industriestadt mit einer breiten belebten Promenade, vielen Geschäften und voller gut gekleideter Menschen. Rund um die weite Bucht, an der die Stadt liegt, die größten Hafenanlagen, die ich bisher gesehen habe. Hunderte Kräne, ausgedehnte Gleisanlagen, Lagerhäuser und große Industrieanlagen. An den Werkstoren zum Hafen ist der Andrang so groß, dass sich hier hunderte von LKW's stauen - Tag und Nacht! Dabei ist alles sauber und die Straßen sind in gutem Zustand. Auf der Reede ankern weitere 200 - 300 Hochseefrachter, die auf einen Platz an den ausgedehnten Kais warten. Hier geht's erkennbar aufwärts. Neudeutsch würde man sagen: Die absolute Boom-Town.
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